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  Artikel: Der Mensch als Mikrokosmos  
 
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Der Mensch als Mikrokosmos - Die Lehre von den drei Säften und fünf Elementen
In erster Linie rufen die drei Geistesgifte Störungen im harmonischen Verhältnis dreier Energieprinzipien, der sogenannten "Säfte" hervor, die sowohl im gesamten Kosmos als auch im Menschen wirksam sind und als Wind, Galle und Schleim bezeichnet werden. So wird das Prinzip Wind von geistigen Zuständen der Verwirrung beeinflusst, Galle von Aggression und Hass, Schleim von allen Formen der Begierde. Wohlgemerkt charakterisiert die tibetische Medizin Wind, Galle und Schleim als energetische Prinzipien, sieht diese also nicht, wie sich aus unserem Sprachgebrauch vermuten ließe, unter ihren rein materiellen Aspekten.

Alle Phänomene des Makrokosmos und der mikrokosmischen Welt werden aus den fünf kosmophysischen Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther (Raum) gebildet, ebenso der menschliche Körper. Disharmonien gleich welcher Art führen zu Störungen dieser Elemente oder ihres Verhältnisses untereinander. Auch die fünf Elemente werden in der buddhistischen Weltsicht nicht bloß als statische physio-chemische Elemente betrachtet, sondern vielmehr als dynamische Kräfte, die sich eher durch ihre charakteristischen feinstofflichen Qualitäten als durch ihre tatsächliche Beschaffenheit auszeichnen. Zum Beispiel bedeutet Wasser hier nicht einfach das Molekül H20, sondern die subtile Funktion, welche die typischen Eigenschaften des Wassers wie Schwere, Flexibilität, Kälte usw. entstehen lässt.

Das Verhältnis der fünf Elemente zu den drei Säften stellt sich folgendermaßen dar: Erde und Wasser korrelieren mit Schleim, Feuer mit Galle, Luft mit Wind. Das Ätherelement ist alles durchdringend und nimmt somit eine Sonderstellung ein. Obgleich für die Entstehung selbst einer einzigen stofflichen Zelle stets alle fünf kosmophysischen Elemente verantwortlich sind, übt das Element Erde einen größeren Einfluss auf die Bildung von Muskelgewebe, Knochen und Geruchssinn aus. Wasser ist bestimmend bei der Entstehung von Blut, Körperflüssigkeiten und Geschmackssinn, Feuer schafft Körpertemperatur, Hautfarbe und Sehsinn, Luft dagegen Atmung und Tastsinn. Äther als das Raumelement erzeugt die Körperhöhlen und das Gehör. Wenn der natürliche Tod eintritt, verlieren diese Elemente ihre Kraft und lösen sich allmählich auf. Zunächst wird Erde durch Wasser absorbiert und das Augenlicht getrübt. Sodann wird Wasser von Feuer absorbiert, was die Austrocknung der Körperhöhlen bewirkt. Feuer schließlich wird von Luft absorbiert, der Körper beginnt abzukühlen. Letztendlich löst sich Luft in den Raum hinein auf und die Atmung kommt zum Stillstand.

Die drei Säfte lassen sich in weitere fünfzehn Untergruppen klassifizieren. Ihr reibungsloses Funktionieren und ihr Zusammenwirken mit den fünf kosmophysischen Elementen bedingt die Entstehung der sieben Bausteine des Körpers. So formt die Essenz der verdauten Nahrungsmittel die Nahrungsessenz, aus welcher das Blut gebildet wird, aus der Essenz des Blutes geht das Muskelgewebe hervor, es folgen Fettgewebe, Knochen, Rückenmark und als siebter Baustein die Regenerationsessenz. Und da bei der Bildung jeder dieser Essenzen auch Abfall anfällt, gibt es drei entsprechende Ausscheidungsfunktionen, nämlich Darmentleerung, Blasenentleerung und Schwitzen.

Das gesamte tibetische Heilwesen konzentriert sich auf die Ausrichtung der drei Säfte, fünf Elemente, sieben Körperessenzen und drei Ausscheidungsfunktionen hin zu einem dynamischen Zustand des Gleichgewichts. Ist dieser Zustand erreicht, kann man von Gesundheit sprechen, lassen sich Störungen nachweisen, spricht man von Krankheit oder im Falle von leichteren Schwankungen, von einem "kranken Gesundheitszustand". Der Idee der Geistesgifte folgend, ist Krankheit in latenter Form jedoch ständig vorhanden, denn solange es Unwissenheit, Gier und Hass gibt, tragen wir die Wurzeln von Krankheit und Leid in uns. Die primäre Gesundheitsfürsorge des Tibeters beinhaltet demnach die Pflege und Klärung des Geistes durch die Anhäufung guter Taten und Verdienste.

Von Dr. Christina Hell