William Torres:
Wege der Einweihung
Kolumbianischer Schamane
Ich sah, dass zwei Greise vor einem Lagerfeuer saßen und ihr Verhalten ließ auf eine Ritual schließen. Sie kauten Koka (Erythroxilon coca) und unterhielten sich in ihrer Sprache. Zwei oder drei junge Indianer setzten sich in ihrer Nähe und die alten Männer reichten ihnen Ambil (Tabakhonig, Nicotina Tabacum) und Kokamambe.Irgendwas sagte mir, dass ich mich diesem heiligem Platz nähern sollte. Ich fragte einen Greisen ob ich mich hinsetzen könnte. Sie besprachen es in ihrer Sprache und in spanisch luden sie mich schließlich ein. Fröhlich setzte ich mich an den Platz, den sie mir zeigten, und sie reichten mir Ambil und Koka. Erneut unterhielten sich die Männer über mich, in ihrer Sprache, was ich den Gesten und Verhalten entnahm. Dann fuhren sie ihre Gespräche fort, die eher einem rituellem Gemurmel ähnelten. Während einer der Greise ein langes Monolog hielt, war sein Mund mit dieser Art grünem Pulver gefüllt, das der Mambe ist, und der andere Greis begleitete die Rede mit regelmäßigem „jm, jm, jm”. Wir anderen hörten still zu. Ich war betäubt vor diesen Worten des Alten in einer mir unverständlichen Sprache. Um Mitternacht gingen die jungen Indianer schlafen. Die Alten blieben und fragten mich ob ich müde sei. Ich war nicht müde! Ich war fasziniert von den Worten, die in meinen Körper eindrangen. Die Nacht war sehr kalt. Das Lagerfeuer neben den Greisen gab uns Wärme. Einer von ihnen brachte Körner der Frucht Umari (Poraquetba serioea) an das Feuer. Die Körner überfüllten den ganzen Raum mit Feuer und das Feuer überfüllte meinen Körper als ich die feuchte Luft einatmete. Plötzlich kam ich dazu, die Sprache der alten Männer zu verstehen und gleichzeitig sah ich den Arm eines von ihnen als den Ast eines Busches, sich nach seinen Worten nachdrücklich bewegend. Der Ast, der Arm, die Hand, alle sich nach dem Worte hin- und her bewegend. Der Großvater sagte in seiner Sprache, dass ich jetzt sein Wort verstehen konnte, dass das Wort der Koka ist, dass das Wort Wissen ist. Sie sprachen nicht irgend etwas, sondern das, was ihnen die Ältesten beibrachten und sie erlaubten mir jetzt dieses Erlebnis, da sie meine großen Interesse sahen. Es wurde mir schwindelig vom Worte, vom Ambil, von der Koka und dem Rauch des Kornes und ich fühlte mich zum Erlernen berufen.
Zehn jahrelang besuchte ich ihn, um des Wissens Empfinden zu erlernen, bis zu dem Tage als wir uns verabschiedeten und ich zur Begegnung mit dem Yagé in den Valle de Sobundoy abreiste. Am selben Tag führte mich der Großvater zu seiner „Chagra” (dem Gemüsegarten), um mit dem Erlernen der Sammlung des Kokablatts zu beginnen. Im Amazonasgebiet muss diese Arbeit, im Gegensatzl zur Sierra Nevada, von Männern durchgeführt werden, und am selben Tag begann mein Lernprozess der schamanistischen Anwendung dieser heiligen Pflanze, neben dem Tabak.
Auf dem Markt von Valle de Sibundoy kaufte ich einmal eine Flasche, um sie dem Großvater José García, meinem Meister Muinane, zu schenken. Als ich bei ihm mit dem Geschenk ankam, befragte mich der Alte: „Was für ein Yagé ist das? Mit welchem Gebet nimmt man ihn ein?”. Da ich auf diese genauen Fragen keine Antworten fand, wies mich Meister García darauf hin, dass es unmöglich ist, Yagé zu trinken, ohne zu wissen was für eines er ist und ohne zu wissen durch welches Gebet, Beschwörung oder Gesang er angerufen werden muss. Er bedankte sich bei mir und behielt das Geschenk, und sagte, dass wir es leider nicht verwenden konnten, da wir die Angaben darüber nicht besaßen. Ich bat ihn darum, dass er mich im Umgang mit dem Yagé einführe, aber es war unmöglich, so sagte er, weil er sich vorbereite, seinen Körper zu verlassen und dies würde innerhalb der nächsten drei Monate geschehen.
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